Wie die Ehinger Fasnet offiziell wurde

am Donnerstag, den 20 Februar 2014 erschien in der Schwäbischen Zeitung folgender Artikel:

Wie die Ehinger Fasnet offiziell wurde

Den Anfang machte eine Karnevalsgesellschaft zur Wahrung der Narrenbräuche

EHINGEN (pp) – Vor 80 Jahren, am 2. Februar 1934, stand es im Volksfreund für Oberschwaben, der Vorgängerzeitung der Schwäbischen Zeitung Ehingen, schwarz auf weiß: Auf zur Ehinger Fastnacht! Ein Blick in die Historie:

Die Ehinger Karnevalsgesellschaft als Mitglied des Ringes Schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte beschloss zur Wahrung der historisch echten Narrenbräuche, die in unserer schwäbischen Heimat zur Ehrenpflicht gemacht sind und in der Erwartung, dass es ihr gelingen wird, einen Teil der Einnahmen zur Linderung von Hunger und Kälte armer Volksgenossen zur Verfügung zu stellen. Allen Volksgenossen ohne Ausnahme will sie Last werktätiger Sorgen vergessen machen und durch volkstümlich echte Bräuche dem Gemeinschaftsgeist kräftigen Auftrieb verschaffen.

Prinz Karneval, Paul I, stellte seinen Hofstaat zusammen und der Spritzenmuck war schon in Faschingslaune, bereitete für die Ehinger eine Riesenüberraschung vor, der Pfannenmathe war schon nach Wasseralfingen gefahren, um sich einen Riesenherd bauen zu lassen, nur der Eschenbach Hans hüllte sich noch in Schweigen.

Alle Vereine in Ehingen waren beteiligt, die Schizunft, der Sportverein, viele orginelle Gruppen und die Ladengeschäfte zierten ihre Schaufenster mit „allem erdenklichen Flitter“.

Am 9. Februar 192 versammelte sich der Elferrat und andere führende Narren, um die Reihenfolge des Umzugs zu organisieren. Sogar der Ehinger Gemeinderat beschäftigte sich in seiner Sitzung am 7. Februar mit dem Ehinger Umzug. Neben der Errichtung zweier Lehrstellen für die katholische Volksschule wegen hoher Schülerzahlen und der Anpassung des Milchpreises für die Lieferung ans Spital wurden auch die Anschaffung von Flaggenmasten und Fahnen für die Volksschulen beschlossen. Zu beginn des Schuljahres nach allen Ferien, zum Schluss der Schule und vor allen Ferien hatte eine Flaggenehrung in Anwesenheit der Lehrer und Schüler stattzufinden.

Der letzte Punkt auf der Tagesordnung war die Abhaltung des Faschingsumzuges. Die Stadtgemeinde sagte jedmögliche Unterstützung zu. Die war jedoch an Bestimmungen geknüpft. Es durften unter keinen Umständen nationale Symbole bei Fastnachtsveranstaltungen verwendet werden und politische Fastnachtsscherze hatten zu unterbleiben. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen gewesen zu sein, um dem ersten Umzug seit langem zum Erfolg zu verhelfen. Es gab aber auch Klagen darüber, dass Beteiligte „kaum die Frage unterdrücken können, was ihnen die Dienste einbringen“. Dabei, so der Sprecher, sei es eine Ehre, wenn man sich in den Dienst einer gemeinnützigen Sache stellen darf.

Die Überraschung des Spritzenmucks

Seine „Tollität Narro Kügeleshausen“ verkündete in einer Sitzung das Nahen des „gelenkigen Feuerwehrmannes mit dem nie versagenden Sprungbeinen“: des Spritzenmucks. In seiner vollen Majestät soll er sein Volk begrüßen:

Groß ist die Last, die Zeit ist sorgenschwer,
der Sonnenschein ist spärlich uns bemessen,
doch dieser Mangel zwingt uns umso mehr,
das wir auf Stunden alle Sorg vergessen.

Seit einiger Zeit munkelte man über den Besuch einer Hohen Dame, der Munderkingia, die sich mit der Hohen Dame aus Ehingen, der Ehingia, treffen wolle. Um aber jede Disharmonie in Keim zu ersticken, wurde ein Panzerauto bestellt, das mit einem Abwehrgeschütz versehen war und die Unterhaltung der beiden Damen begleiten sollte. Der Inhalt des Streitgesprächs zwischen Ehingia und der Munderkingia ist zwar überliefert, heute aber nicht verständlichlich.

Die Munderkingia…

Die Munderkingia, die Braut des Spritzenmucks, sollte den Ehingern sagen, was in einem Städtle einfach mal gesagt gehört. Sie stellte ihr eigenes Licht natürlich nicht unter den Scheffel und sprach von Munderkingen: „I bin die Munderkingia und guck mit Stolz aufs Städle ra, des ischt a Stadt, so geits koi Stadt, koi andra kommt ihr gleich.“

Im Umzug hatte auch der Pfannenmathe seinen großen Auftritt, sein wildes Aussehen schreckte die Kinder nicht und mit vielen Wecken und Würsten stellte er seine Großzügigkeit unter Beweis.

Im Umzug marschierte die Musik vorneweg, dann folgte eine Reitergruppe. Nach dem Prinzenwagen rauschte die Ehingia, in die Stadtfarben gekleidet und mit großem Gefolge vorbei und ihr folgte der Panzerwagen, danach folgte die Munderkingia auf einem wundervollen Thron. Ihr folgte als Hoher Gast Hans von Eschenbach, der sonst in seinem versunkenen Schloss im Büchele residiert. Schon vor 80 Jahren wurde der Vorschlag gemacht, dass den Angestellten nach Möglichkeit überall freigegeben wird, damit sie alle dem Spektakel beiwohnen können. Der Ball der Schizunft scheint ein besonderes Ereignis gewesen zu sein, die Darbietungen werden verglichen mit den Darbietungen der Kleinkunstbühnen großer Städte. Überhaupt sind die Bälle der damaligen Ehinger Lokale, ob „Hirsch“, „Kreuz“, „Café Donfried“, „Traube“, „Stadt“ oder „Krone“, teilweise so voll, dass „kein Platz mehr zu finden war“. Erst am Aschermittwoch kehrte wieder Ruhe im Städtchen ein.

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